Wo ist Gott?

Will Gott wirklich das Gute für uns? Oder ist es ihm vielleicht egal. Wie anders soll man ihn verstehen, wenn man sich verlassen fühlt.
Wer oder was ist Gott denn überhaupt? Ist er eine Person, ein überirdisches Wesen oder eine Art besonderer Energieform?

Ich glaube, dass Gott keine Person ist, so wie der Nachbar von nebenan. Auch kein König, kein Magier, eigentlich überhaupt kein Wesen. Gott steht für die Schöpfung als Ganzes. Egal, in welcher Ausprägung wir sie erleben, ob positiv oder negativ, alles ist durchströmt von der göttlichen Energie, die Berge und Meere bewegen kann, die Welten erschafft, Wunder geschehen lässt, im Kleinsten wie im Größten rastlos tätig ist. Gott ist deshalb allgegenwärtig, allmächtig, unergründlich.

Das heißt aber auch, dass wir Menschen nicht nur Teil seiner Schöpfung, sondern dass wir selbst auch als Schöpfer im göttlichen Sinne tätig sind. Von daher ist alles, was wir denken und tun, sozusagen göttlich abgesegnet. Selbst die schlimmen Dinge, die Verbrechen, Mord, Totschlag oder Vergewaltigung, sind Teil des göttlichen Plans. So wie sich Adam und Eva im Paradies gegen den göttlichen Willen gestellt haben und deshalb bestraft wurden, so müssen auch wir lernen, dass egozentrisches Verhalten auf Dauer keine Lösung bringt, sondern dass wir nur im Gleichklang aller Kreaturen Glück und Frieden auf Erden finden können.

Also kann man Gott nicht begegnen, mit ihm reden, ihn um etwas bitten? Ich denke schon. Aber es hängt davon ab, wie nahe wir ihm kommen oder besser gesagt, wie nahe wir uns ihm fühlen. Aber wo ist Gott denn nun, damit wir mit ihm in Kontakt kommen können?

Wie schon gerade angedeutet, ist Gott allgegenwärtig. Er steckt sozusagen in jedem Stück seiner Schöpfung.  Also zum Beispiel in der Birke am Haus, in der Katze am Wegesrand oder in der Hecke vom Nachbarn. Aber auch im Auto oder in der Straßenlaterne, im Badesee oder im Hotel in der Stadt. Vor allem aber begegnen wir Gott im Menschen, der uns gegenüber steht oder in der Haut, in der wir selber stecken.  Schauen wir in den Spiegel, dann sehen wir ein göttliches Antlitz, egal, wie wir es oder andere bewerten.

Schön gesagt, aber fühlen wir das Göttliche, das uns mit dem Freund oder sogar mit dem Feind verbindet? Welches Gefühl verbindet die Schöpfung bzw. die Geschöpfe Gottes?  Es ist die Liebe, die uns mit allem, was ist, verbindet. Doch oft genug spüren wir dieses göttliche Gefühl nicht. Im Gegenteil fühlen wir uns meistens allein gelassen, abgetrennt, isoliert. Wir  betrachten und erfahren die Umwelt als etwas Gegensätzliches zu uns. Dabei gehören wir zusammen, aus dem gleichen Holz geschnitzt. Und wir fühlen dies auch, tief in unserem Inneren. Da wohnt ein Sehnen tief in uns, Dir, Gott, nah zu sein. Wir dürsten förmlich danach, nach diesem Glück, die Liebe Gottes zu spüren.
Und was hindert uns daran? Was steht zwischen uns? Warum fühlen wir die Liebe Gottes nicht ständig auf uns scheinen, wie ein warmer Regen oder ein milder Sonnenschein? Warum geht nicht ständig unser Herz auf, wenn wir morgens in den Tag vor die Tür treten und dort der Natur, Menschen, Autos, dem Leben an sich begegnen?

Weil wir verschlossen sind. Weil wir unsere Antenne nicht auf Empfang stehen haben. Weil wir uns ständig nur mit uns selbst beschäftigen. Lauschen Sie doch mal darauf, was in Ihrem Kopf vorgeht. Sie denken ständig an Gestern und an Morgen, kommen dabei von Hölzchen auf Stöckchen und wieder zurück. Permanent ergießt sich der Strom der Gedanken durch unser angespanntes Gehirn und wir bekommen von Gott, der uns entgegen lächelt, einfach nichts mit.  Das mentale Geschwätz verhindert sogar, dass wir uns dieser Situation bewusst werden. Sie glauben nur, dass Sie wach und bewusst sind. Aber in Wahrheit laufen wir mit Augenklappen und Kopfhörer durch die Gegend. Achten Sie einmal auf Ihre Gedanken und versuchen Sie, bewusst zu denken. Ein Wort nach dem anderen. Nach ein paar Sätzen, da wette ich drauf, verlieren Sie diesen Bezug und denken wieder unbewusst. Und damit merken wir auch nichts von der Schönheit der Natur, wir sehen weder den Zitronenfalter am Wegesrand noch hören das Rauschen der Blätter. Im Kopf heißt es nur, was muss ich gleich noch erledigen, was hat dieser oder jener gesagt, wo ist mein Schlüssel und wo mein Auto.

Aber manchmal, und das kann in der Kirche sein, aber auch zu Hause oder beim Spaziergang im Wald, wird das Geschwätz im Kopf immer leiser und dann beginnt das Herz sich zu öffnen, die Freude quillt hervor und das Gefühl der Liebe, der Verbindung zur göttlichen Schöpfung, zu allem was ist, wie es ist, überwältigt einen, wenn auch oft nur für einen kurzen Moment. Ein Augenblick, wo Gott so nahe ist, dass man mit ihm verschmelzen könnte, welch wunderbare Vorstellung.