1=1

Die Erfolgsformel für das tägliche Glück


"Da es sehr förderlich für die Gesundheit ist, habe ich beschlossen, glücklich zu sein". Ob es Voltaire gelungen ist, diesen Entschluss erfolgreich umzusetzen, ist nicht bekannt. Die Frage bleibt daher, lässt sich Glück sozusagen bestellen als Folge höherer Einsicht oder ist es eher wie ein Schmetterling, der sich nur dann auf die eigene Schulter setzt, wenn man aufhört, hinter ihm herzujagen (Anthony de Melo).

Was ist denn eigentlich Glück? Das Glück, im Lotto zu gewinnen oder zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein? Ich glaube, Glück ist in erster Linie ein Gefühl, dass unabhängig von Zeit und Ort ist oder von irgendwelchen Erlebnissen und Erfahrungen. Das Glücksgefühl, das tägliche vor allem, ist eine Lebenseinstellung. So wie Erich Fromm es sagt: "Glück ist kein Geschenk der Götter, sondern die Frucht einer inneren Einstellung."

Gut. Aber ist es wirklich so leicht, ein glückliches Gefühl wahrzunehmen, es als ständigen Begleiter dabeizuhaben? Was muss geschehen, damit sich das Glück bei uns niederlässt? Wie fühlt sich Glück eigentlich an?

Glück hat viel mit Freude, mit Beschwingtheit, mit Sonne im Herzen und Fröhlichkeit auf den Lippen zu tun. Wer glücklich ist, dem fällt vieles leicht. Glückliche hüpfen gerne wie Kinder, lachen viel, könnten die ganze Welt umarmen, strahlen ihr glückliches Gemüt aus, sind immer gut drauf, ertragen klaglos auch unangenehme Dinge und finden stets den richtigen Weg.

Ist es wirklich nur eine Frage der Einstellung, sich so zu fühlen oder muss da mehr passieren, als es sich vorzunehmen? "Glück ist, wenn Deine Gedanken, Dein Tun und Deine Worte im Einklang sind" sagt Mahatma Gandhi. Was bedeutet das?

Ich glaube, Glück hat sehr viel mit Harmonie und Übereinstimmung von Aussen und Innen zu tun. Ein Lügner wird niemals glücklich sein können. Seine Worte sind andere als seine Gedanken. Er lebt in einem Ungleichgewicht zwischen Lüge und Wahrheit und das kostet ihm Kraft und Energie. Insbesondere die Gedanken sind diejenigen, die die meisten von uns wenig unter Kontrolle haben. Schlimmer noch, sie sind uns häufig nicht bewusst. Und oft genug denken wir deshalb an Dinge und Ereignisse, die entweder schon längst vergangen sind oder in ferner Zukunft passieren könnten, die uns quälen, schlechte Laune verbreiten und schlicht unglücklich machen.

Ein Zenmeister antwortete auf die Frage, wie man zur Erleuchtung kommt: "Iss, wenn Du hungrig bist und schlaf, wenn Du müde bist." Da haben wir wir wieder diesen Aspekt von Einklang und Gleichgewicht zwischen Aussen und Innen, zwischen Tun und Nicht-Tun. Ein Glücklicher, so wollen wir ihn nennen, lebt im Einklang mit allem, was ist oder auch nicht ist. Er befindet sich im Gleichgewicht zwischen Wunsch und Erfüllung. Der Glückliche nimmt das Leben so wie es ist bzw. kommt. Nichts kann ihn erschrecken oder gar erschüttern. Wie ist das möglich?

Der zentrale Punkt, meiner Ansicht nach, ist das bereits erwähnte Gleichgewicht. Wenn jemand hungrig ist, braucht er etwas zu essen. Glück oder Zufriedenheit stellt sich ein, wenn er isst, weil er hungrig ist oder schläft, weil er müde ist. Auf beiden Seiten der Gleichung gibt es eine Entsprechung oder wie ich es mathematisch formuliert habe, 1=1. Unser Glück, behaupte ich, hängt also davon ab, das unsere Wünsche und Bedürfnisse den Möglichkeiten zu ihrer Befriedigung entsprechen, dass sie im Gleichgewicht oder im Einklang mit ihnen stehen. Wer sich ein Luxusauto wünscht, aber nur Geld für einen Mittelklassewagen besitzt, erschafft sich eine Quelle der Unzufriedenheit. Wer sich aber damit zufrieden gibt, was ihm seine Ersparnisse erlauben, wird sich über das neue Auto freuen können.

Aber ist Zufriedenheit gleichzusetzen mit Glücksgefühlen? Ich glaube Zufriedenheit ist eine Vorform oder eine leichte Variante von Glück. Wer sich hungrig fühlt und etwas isst, ist zufrieden. Aber nicht unbedingt glücklich. Wenn jemand sehr, sehr hungrig ist und kein Geld hat, sich etwas Essen zu kaufen, der wird über ein unerwartet geschenktes Essen glücklich sein. Zufriedenheit wäre hier sicherlich etwas wenig.

Kann man glücklich sein, auch wenn man im Ungleichgewicht ist? Nehmen wir an, eine Frau will abnehmen und hungert. Der Körper rebelliert, Schwächegefühle, Kopfschmerzen, knurrender Magen sind die Folge. Also eher eine unglückliche Situation. Die Waage zeigt nach einigen Tagen oder Wochen das erwünschte Ergebnis an. Die Frau fühlt sich happy. Sie hat es geschafft. Mit ihrem ehemaligen Gewicht war sie ins Ungleichgewicht zu ihrem Wunschgewicht geraten. Und je schwieriger es ist, das gesteckte Ziel zu erreichen, umso glücklicher fühlt man sich, wenn man es erreicht. Jeder Leistungssportler kennt dieses Gefühl.

Also, das Gleichgewicht zwischen dem Wunsch auf der einen Seite und der Erfüllung auf der anderen Seite ist eine wesentliche Quelle für Glücksgefühle, wobei das Ausmass des Glücksempfindens von dem Grad des vorherigen Ungleichgewichtes abhängt. Viele Menschen verdrängen allerdings ihr unglückliches Gefühl, dass mit einem gelebten Ungleichgewicht einhergeht wie zum Beispiel der Angestellte, der in einer Firma Arbeiten erledigen muss, die ihm nicht behagen, möglicherweise sogar quälen. Seine Vorgesetzte sind ungerecht, er wird nicht gelobt, vielleicht sogar gemobbt. Ein eklatantes Missverhältnis zwischen eigenem Anspruch gleich Wunsch und auf der anderen Seite die Erfüllung in Gestalt der Wirklichkeit. Die Folge ist fehlende Leistungsmotivation, innere Kündigung und manchmal auch der Burnout.

Betrachten wir das Ganze noch einmal mathematisch, ist das Gleichgewicht der Kräfte, die uns bewegen, in Form des 1=1 eher selten gegeben. Zu sehr erleben wir die Situation, dass wir im Ungleichgewicht sind. Ein individuell völlig unterschiedlicher Wert , nennen wir ihn x, bringt uns aus der Bahn, entweder regelmässig, öfter oder auch von Dauer. Zum Beispiel würde bei einem Menschen, der Hunger verspürt, die linke Seite der Gleichung mit 1+x zunehmen (Der Wunsch wird grösser), während die andere Seite weiterhin den Wert 1 hat, weil die verfügbare Nahrungsmenge gleich bleibt. Es sei denn, wir beschaffen uns Nahrung in der Grössenordnung von x, dann kommt es durch die Nahrungsaufnahme wieder zu einem Gleichgewicht 1+x=1+x.

Diese Spielerei mit der Formel hilft uns natürlich nicht dabei, aus einem Ungleichgewicht herauszukommen und damit Glücksgefühle zu generieren. Dabei kommt es ohnehin erst einmal darauf an, zu erkennen, dass die schlechte Laune oder der negative Stress auf einem Ungleichgewicht beruht und dass es an jedem selber liegt, Ursachen dafür herauszufinden und diese zu beseitigen. Die meisten Menschen denken, dass sie für ihr Schicksal nicht verantwortlich sind. Und oft sieht es auch so aus.

Krankheit beispielsweise ist plötzlich da, niemand hat sie sich gewünscht. Manche sind allerdings öfter krank als andere, nach dem Zufallsprinzip scheint die Verteilung nicht zu funktionieren. Aber wonach denn? Schwierig, eine befriedigende Antwort zu geben. Fest steht, dass Krankheit den normalen Lebensfluss unterbindet. Schmerzen, Schwäche machen sich bemerkbar. Unfähigkeit zu arbeiten, für sich zu sorgen können die Folge sein. Es entsteht ein Ungleichgewicht. Ruhe, medizinische Hilfe, Zeit, Fürsorge helfen dabei, wieder in Schwung zu kommen. Manche Krankheiten treten immer wieder auf, so, als ob sie uns etwas sagen wollten.

Warum erkrankt ein Körper, wenn er darauf ausgelegt ist, gesund und leistungsfähig zu sein? Störungen im Energiefluss, hemmende Faktoren, die unter Umständen genetisch oder eine Folge von frühkindlichen Schädigungen sind. Was auch immer. Reicht es Pillen zu schlucken, Schmerzen auszuhalten? Abwarten, bis buchstäblich der Arzt kommt? In vielen Fällen kann man sicher herausfinden, was wirkliche hilfreich wäre. Umstellung der Lebensgewohnheiten, gesunde Ernährung, Abbau von Übergewicht, neuer Arbeitsplatz, vielleicht auch neuer Partner, Beratung, Coaching, etc. Nicht all zu viele bringen die Kraft auf, wirklich Veränderungen in ihrem Leben zu bewirken.

Natürlich spielen auch naturgegebene Faktoren bei der Krankheitsentstehung eine Rolle. Zum Beispiel das Alter, Verschleiss, Verlust der Regenerationskraft. Manches muss man einfach akzeptieren und tolerieren. Auch ein Leben mit Handicaps hat glückliche Momente. Beim Gleichgewicht geht es ja nur teilweise um materiellen Ausgleich. Das Ausmass eines Wunsches wie die Erfüllung hängt auch von psychischen Faktoren ab. Der eine ist mit einer Handvoll Reis zufrieden, der andere braucht dafür einen ganzen Sack. Wobei wir wieder am Anfang dieses Exkurses wären.

Ist es wirklich nur eine Frage der Einstellung sich glücklich zu fühlen, vielleicht sogar genetisch bedingt, wie kürzlich eine weltweit angelegte Studie aus Bulgarien belegen wollte?
Der deutsche Philosoph Ludwig A. Feuerbach verpflichtet uns zum Glück. Er sagt: "Deine erste Pflicht ist es, dich selbst glücklich zu machen. Bist Du glücklich, dann sind auch andere glücklich!"