Die Magie des Lebens 2. Teil


Wer bin ich und was ist wirklich?

Nach dieser mehr philosophischen Vorschau in Teil 1 wollen wir uns jetzt konkret mit der Frage beschäftigen, wie die von uns erlebte Wirklichkeit zustande kommt und welche Rolle wir dabei spielen. Die Forschungsergebnisse der Quantenphysik geben uns dabei die Richtung an.

Die zentrale Frage ist doch, existiert die Umwelt unabhängig von unserer Beobachtung oder wird sie aus dem Meer von möglichen Alternativen im Moment und nur für diesen Moment geschaffen und zwar aus der Perspektive des Einzelnen , beeinflusst durch seine Gefühle, Wünsche und Ängste. Ersteres ist das, was wir glauben (Selbstverständlich existiert die Welt auch ohne unser Zutun) und letzteres ist das, was wir nicht verstehen (Wie soll ich die Welt erschaffen können?).

Schauen wir uns doch mal unsere gegenwärtige Realität an. Über unsere Sinnesorgane erhalten wir ständig Informationen darüber, was es zu hören, zu sehen, zu riechen oder zu ertasten gibt. Diese Informationen geben aber keinen objektiv vorhandenen Zustand der Umwelt wieder, sondern sie spiegeln durch die Beschränktheit unserer Sinne nur einen Ausschnitt. Wenn wir besser hören, sehen oder riechen bzw. weitere Sinne nutzen könnten, wäre der Eindruck ungleich intensiver, komplexer, vielleicht sogar verwirrender als normal. Vielleicht sogar so verwirrend, dass wir von dieser Fülle von Eindrücken quasi "erschlagen" würden. Unsere Sinne und insbesondere der Verarbeitungsapparat in unserem Gehirn filtern deshalb diese Informationen nicht nur hinsichtlich der Menge, sondern auch der Qualität ( Was ist wichtig?) und vor allem auch nach den gespeicherten Erfahrungen und dem gegenwärtigen Gefühlszustand. Das, was wir scheinbar klar erkennen, kann eine Fata Morgana sein, eine Verwechselung oder unserer Phantasie entspringen.

Das Abbild der Umwelt, das wir in unserem Gehirn erzeugen, hat mit einer wie auch immer gearteten objektiven Welt nur wenig zu tun. Wir sehen und hören eigentlich nur das, was wir für unser (Über-) Leben benötigen und zwar ganz individuell.

Die Welt "dadraussen", also unsere Umwelt und die Welt "dadrinnen", also unsere Gedanken, unsere Empfindungen, unsere Erfahrungen, Ängste, Wünsche, unser "Ich" bedingen sich gegenseitig. Sie bilden ein Gegensatzpaar wie die zwei Seiten einer Medaille. Ohne das "Ich" gibt es keine Umwelt und ohne Umwelt gibt es kein "Ich". Was nützt es uns zum Beispiel, wenn uns jemand erzählt, dass er einen Geist gesehen hat. Solange wir ihn selber nicht sehen, werden wir kaum daran glauben. Also gibt es mindestens zwei Welten, die eine mit und die andere ohne Geist. Welche nun die wahre Welt verkörpert, kann niemand beweisen. Und ein "Ich", dass keinen Bezug zur Aussenwelt hat, also nur für sich existiert ohne eine Welt drumherum, ist weder vorstellbar noch existenzfähig.

Nehmen wir eine alltägliche Situation an. Morgens klingelt der Wecker um eine bestimmte Uhrzeit. Warum macht er das? Weil ich ihn so gestellt habe, damit ich anschliessend pünktlich ins Büro komme. Weil ich sonst vermutlich verschlafen würde, weil es überhaupt Wecker gibt, usw. Die Tatsache, dass mich ein Wecker weckt, hängt also eindeutig mit mir, mit meinen Wünschen, Ängsten und Notwendigkeiten zusammen. Ohne mich macht ein Wecker keinen Sinn. Er wäre nicht nur nutzlos, er würde vermutlich gar nicht existieren.

Der Wecker ist also ein Gegenstand der Umwelt, den wir selbst quasi erfunden haben. Ohne uns gäbe es ihn nicht. Genauso würde es uns mit dem Auto, dem Büro und mit unserer Wohnung gehen. Wenn wir diese Gegenstände nicht nützten, würde sie keiner vermissen. Sie wären quasi nicht existent. Mit Personen würde es uns genauso ergehen. Bestimmte Personen haben für unser Ich einen bestimmten Bezug. Die Ehefrau, mit der wir unser Leben teilen. Die Kinder, die unsere Zukunft darstellen. Der Chef, der als Unternehmer unseren Arbeitsplatz und damit unser Einkommen sichert. Wären wir unverheiratet, hätten wir weder Ehefrau noch Kinder. Und sind wir arbeitslos, haben wir auch keinen Chef und kein gesichertes Einkommen.

Und so kann man diese Geschichte weiterspinnen. Egal, welchen Gegenstand und welche Person wir uns dabei vornehmen. Alles und Jedes hat einen Bezug zu unserem "Ich" und umgekehrt. Ohne diesen Bezug wären weder wir noch die Umwelt existent. D.h. also, wir erfinden tatsächlich die Welt jedesmal neu, wenn wir sie beobachten, benutzen, mit ihr interagieren. Dass diese Welt, diese Dinge, Personen, etc. auch unabhängig von uns existieren, können wir zwar annehmen, weil uns dies unsere Erfahrung lehrt, aber wir haben keinen Beweis dafür. Erfahrungen können auf Täuschungen beruhen, auf irreführende Stimmungslagen, auf interessengebunenen Zeugenaussagen, usw. Ein Geräusch, das scheinbar von der Strasse durch das Fenster dringt, kann von einem vorbeifahrenden Auto kommen, könnte aber auch aus dem Radio des Nachbarns stammen oder auch eine persönliche Halluzination sein.

Wir nehmen uns wahr als abgetrenntes "Ich" mit einem menschlichen Körper, mit Trieben und Bedürfnissen, mit einer individuellen Geschichte, offenbar sich bewegend durch Zeit und Raum und trotzdem gehört diese Erscheinungsform mit der jeweiligen Umwelt zusammen wie der Schlüssel zum Schloss.

Wir können die Umwelt nicht wirklich von uns unterscheiden. Wie wollen wir jemanden beschreiben oder wahrnehmen, ohne den jeweiligen Bezug zur Umwelt zu erwähnen. Ein Mensch ohne Umwelt kann wie alles andere nicht existieren. Ein Körper und der umgebende Raum sind zwangsläufig eine Einheit.

An dieser Stelle sollten wir uns schon einmal darüber klarwerden, dass wir deshalb die gleiche Verantwortung, die wir für unseren individuellen menschlichen Körper empfinden, auch für unsere Umwelt haben, egal wie nah oder fern, verwandt oder fremd uns die einzelnen Objekte vorkommen. Wenn wir nicht dafür sorgen, dass diese Umwelt als Ganzes gewürdigt und unterstützt, sondern womöglich eher ausgenutzt und zerstört wird, isolieren wir uns künstlich mit dieser egozentrischen Einstellung und werden eines Tages mit den negativen Seiten einer solchen Verhaltensweise konfrontiert. In einer Einheit geht nichts verloren, wohin auch. Alles hat seine Wirkung und Gegenwirkung. Was abläuft, gleicht einem grossen Spiel, einem Theaterstück auf unserer Lebensbühne, wo wir Autor, Regisseur, Choreograph und als "Ich" der Hauptdarsteller sind.

Was ist mit den anderen "Ichs", mit denen wir zusammenleben? Welche Rolle haben sie in diesem Spiel? Grundsätzlich ist jede andere Person ein Mitspieler, egal ob als Eltern, Lehrer, Freunde, Kinder, etc. Sie bekommen von uns die Rollen vorgeschrieben, erscheinen auf der Bühne unseres Lebens zum geeigneten Zeitpunkt und treten ab, wenn dies erforderlich ist. D.h. aus der Sicht des "Ichs", des Autors und des Regisseurs, sind sie wie Marionetten ohne Eigenleben. Sie erfüllen ihre Funktion als Mitspieler des Hauptdarstellers und das war's. Man kann natürlich vermuten, dass sie auch ihre eigene Bühne haben, wo sich Überschneidungen oder Schnittmengen an gemeinsam erlebter Zeit ergeben. Aber das weiss niemand, denn jeder kann nur seine eigenen Erfahrungen zum Massstab erheben. Was ein Lehrer zum Beispiel ausserhalb des Unterrichts macht, geht mich erstens nichts an und zweitens kann ich das nur erahnen, allenfalls. Das gilt auch für alle anderen Mitspieler, die zeitweise mit mir ihre Zeit teilen. Im Prinzip ist das "Ich" sogar mit sich allein, so wie jeder Autor, der eine Geschichte erfindet. Wenn man die geistige Natur der Materie berücksichtigt, wie sie die Quantenphysik zwingend fordert, kann man auch davon sprechen, dass wir unser Leben träumen.

Ein Traum, der nie zu Ende geht, weil es auch keinen Anfang oder Ende in einer Quantenwelt geben kann. Die Bemühungen mancher Physiker, zu ergründen, was denn vor dem Urknall passierte, damit dieser überhaupt zustande kam, wirken ja recht unlogisch. Wenn es eine Zeit vor dem Anfang gab, dann gibt es weder nach hinten noch nach vorne ein Ende. Dann herrscht die Ewigkeit vor. Ein weiteres Problem, was wir nachfolgend versuchen müssen, zu verstehen, um überhaupt etwas zu verstehen. Das mag man als überflüssig halten, aber ohne ein Bemühen werden wir weiter gefangen gehalten in einem Käfig von Zeit und Raum, der uns gleichzeitig ängstigt und uns Freiheit verspricht, je nachdem, welche Seite der Erfahrung wir hervorheben wollen.

Was ist überhaupt Zeit? Wer bestimmt sie oder gibt es eine individuelle Zeit? Der Zeitfluss, so kennen wir das, läuft von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Nicht umgekehrt, sondern kontinuierlich nach vorne. D.h. das, was wir "jetzt" erleben, ist im nächsten Augenblick schon vergangen. Die zukünftigen Augenblicke kommen immer näher auf uns zu. So ergibt sich ein Lebensfilm aus vergangenen Momenten, die teilweise vergessen werden oder auch in Erinnerung bleiben. Zeitabläufe sind aber nicht unveränderlich. Für uns Menschen gilt das zwar weitgehend, weil wir unsere Zeit an der Bewegung der Erde um die Sonne ausrichten und die ist sehr präzise gleichmässig. Deshalb ist ein Tag fast immer so lang wie der nächste. Einstein hat mit seiner Relativitätstheorie aber den Beweis erbracht, dass die Zeit eines Menschen verglichen mit anderen sich sehr wohl unterscheiden kann, wenn sich jemand mit sehr hoher Geschwindigkeit im Vergleich zur Erde im Raum bewegt. Dann könnte es passieren, dass beispielsweise ein Raumfahrer, wenn er nach einem Jahr zurückkommt, feststellt, dass die Menschheit auf der Erde 100 Jahre älter geworden ist. D.h. der Zeitablauf ist nicht für alle Orte und alle Objekte gleich, sondern abhängig von der Situation des Beobachters. Und damit sind wir auch wieder bei unserem Wirklichkeitsmodell, das den Bezug zwischen dem "Ich" und seiner Umwelt als nur individuell erfahrbar macht und nicht abhängig von objektiven Konstanten wie zum Beispiel die Naturgesetze stellt. 5 Minuten können als eine Ewigkeit erlebt werden und manche Tage oder Wochen vergehen in einem Rausch von Gefühlen oder Betriebsamkeit.

Trotzdem, so wird mancher einwenden, die Zeit vergeht, mal schneller oder langsamer empfunden, jedes "Ich" stellt fest, dass es altert. Das Leben ist nicht unendlich. Anfang und Ende, wo doch die Ewigkeit herrscht? Was ist mit unserer individuellen Welterfahrung? Warum erleben wir Elend und Gewalt, Hunger und oft einen schrecklichen Tod, während andere im Reichtum baden, gesünder als andere sind und es sich gütlich am Leben tun. Wie passt unser scheinbares Schicksal in eine Welt, die wir durch unsere Beobachtung, durch die Art, wie wir mit dem Leben umgehen, selbst gestalten bzw. erschaffen. Dazu im nächsten Teil mehr.